Sehr geehrter Herr Landesbeauftragter Dr. Br***, sehr geehrte Frau Bürgerbeauftragter B***,
hiermit möchte ich Sie über einige Aussagen Sachverhalte zur letzten Kreistagssitzung am 09.11.2022 und dem Tübinger Missbrauchsskandal in Kenntnis setzen und bitte um Stellungnahme und um Darlegung der Rechtsgrundlagen:
In der letzten Kreistagssitzung wurde zum Tübinger Missbrauchsskandal und dem jahrelange Versagen des Jugendamtes, des Landrates und des Landratsamtes Tübingen von Herrn Landrat Joachim Walter öffentlich mitgeteilt, dass auch der Landesdatenschutzbeauftragte, also Sie Herr Dr. Br***, die wissenschaftliche Aufarbeitung der Fälle und die daraus resultierenden Verbesserung des Kinderschutzes für alle Kinder und Familien im Kreis Tübingen aufgrund datenschutzrechtlicher Vorgaben/Bedenken verhindert hätte.
Jahrelangen emotionalen Kindesmissbrauch
Hierbei geht es um jahrelangen emotionalen Kindesmissbrauch, der beinahe zum Tod durch Verhungern und Verdursten und zu einer psychischen Behinderung der Betroffenen Anastasia K. führte und um sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen in 36 Fällen, hiervon in 20 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen sowie in 16 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, wegen drei Fällen des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in jeweils zwei tateinheitlichen Fällen sowie wegen Besitz von kinderpornographischen Schriften in Tateinheit mit Besitz von jugendpornographischen Schriften
Von Herrn Prof. Dr.J** wurde mitgeteilt, dass man zur wissenschaftlichen Aufarbeitung ca. 100 Personen um das Einverständnis zur Aktenauswertung der Fälle von Anastasia K. (24. Januar 1999) Victoria (5. Mai 2001) und Marcel S. bitten müsste, was weder personell, wirtschaftlich und zeitnah möglich und ggf. durch unbekannten Wegzug oder Tod der beteiligten Personen unmöglich und dadurch absolut unverhältnismäßig wäre.
Es wurde ausgeführt, dass alle Mitarbeiter*innen des Jugendamtes, der Jugend- und Familienberatungsstellen sowie des Landratsamtes, die an der Bearbeitung der Fälle der 3 jahrelang missbrauchten Kinder Anastasia, Victoria und Marcel beteiligt waren sowie alle in den Akten namentlich genannten Personen wie z.B. eine von der Mutter von Anastasia erwähnte Schuldirektorin oder ein Reittherapeutin, ihr schriftliches Einverständnis geben müssten, um die Akten auszuwerten.
Aus persönlicher Erfahrung kann ich Ihnen mitteilen, dass das Jugendamt Tübingen, namentlich Bernd Hillebrand (Ex-Jugendamtsleiter Tübingen),P*** (Ex-Jugendnetzagenturleiter) und die Justiziarin des LRA S*** anderen Vätern und mir die Einsichtnahme in die Jugendamtsakten monatelang verweigerten und dann erst auf massiven Druck von außen durch z.B. die Bürgerbeauftragte des Landes Baden-Württemberg oder Mitglieder des Bundestages gewährt wurden.
Jugendamtsleiter Bernd Hillebrand persönlich über 6 Stunden
Bei den mit bekannten und von mir durchgeführten/begleiteten Akteneinsichten führte teilweise der Jugendamtsleiter Bernd Hillebrand persönlich über 6 Stunden die Aufsicht. Sämtliche Unterlagen, die nicht in der Gerichtsakte des jeweils zuständigen Familiengerichts oder von den Eltern selbst eingegebenen Unterlagen, waren von Seiten des Jugendamtes, wohl auf direkte Anweisung von Bernd Hillebrand bzw. Landrat Joachim Walter und L*** aus den Akten entfernt worden. So wurden unzählige grüne DINA4-Leerblätter mit der Aufschrift „Entfernt zum Schutz von Daten Dritter“ eingefügt. Teilweise wurde die Akteneinsicht unter vollkommener Missachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes von bis zu 4 Mitarbeuter*innen des Jugendamtes gleichzeitig beaufsichtigt (Bernd Hillebrand, H***, S***, ein Praktikant oder Bernd Hillebrand und H*** oder G*** und ein weitere Mitarbeiter.
Der aktuelle Tübinger Jugendamtsleiter G*** teilte einem Petenten mehrfach telefonisch mit, dass es in den Akten seiner Kinder ein Schriftstück des Richters am Amtsgericht Rottenburg und jahrelangen Mitglied des Kreisjugendhilfeausschusses Tübingen, Dr. Fu***, gäbe, in dem dieser das Jugendamt Tübingen dazu aufforderte, dem Petenten die Akteneinsicht mit allen Mittelnd zu erschweren bzw. zu verweigern. Als dieser Vater und ich – in meiner Funktion als Beistand nach § 13 SGB und § 12 FamFG – im Jugendamt Tübingen vorstellig wurde, wurde der Vater, der 400 km Anfahrtsweg hinter sich hatte, von G*** vor die Wahl gestellt, dass er ihm entweder die zugesicherte Akteneinsicht verweigern würde, wenn er auf sein Recht eines Beistandes (Dr. Gregor Catrillón Oberndorfer) bestehen würde. Der Petent entschied sich somit gezwungermaßen dafür, Auszüge der Akten seiner Kinder mit G*** und einem weiteren Mitarbeiter des Jugendamtes alleine anzusehen. Die Akteneinsicht wurde dann innerhalb von ca. 15-20 Minuten als beendet erklärt. Bei der Akteneisicht war das wiederholt angekündigte Schriftstück des Richters Dr. Fu*** aus der nicht paginierten Akte (wie bisher immer) des Jugendamtes Tübingen verschwunden/entfernt worde.
Aus allen von 2020 bis 2021 eingesehenen Akten des Jugendamtes Tübingen wurden sämtliche, entscheidungsrelevanten, angeblich existierenden Teamsitzungsprotokolle, Dokumente zu Hilfeplangesprächen oder die gesamte interne Kommunikation der Mitarbeiterinnen oder des anderen Elternteils, der Verfahrensbeiständeinnen, etc. , die nicht an das Familiengericht und somit den Petenten versandt wurden („Schutz von Rechten Dritter“) zur Akteneinsicht entfernt. Die Petenten konnte somit nur die eigenen und die quasi verfahrensöffentlichen Dokumente einsehen.
Verdacht der Vertuschung, der Intransparenz, der Inkompetenz
Die Akteneinsicht der Petenten hatte somit nur den Mehrwert, dass der Verdacht der Vertuschung, der Intransparenz, der Inkompetenz und der Missachtung aller allgemeingültigen Empfehlungen bzgl. Kinderschutz und zur Verhinderung von Kindesmissbrauch sich regelmäßig in allen Akten des Jugendamtes bestätigte.
Die verbindlichen, allgemeingültigen Vorgaben für eine rechtsstaatliche Aktenführung wurden und werden vom Jugend- und Landratsamt Tübingen weiterhin ignoriert, obwohl alle Verantwortlichen im Jugend- und Landratsamt Tübingen sowie im Regierungspräsidium Tübingen hierüber mehrfach in Kenntnis gesetzt wurden (Landrat Joachim Walter, Sozialdezernent Li***, Ex-Jugendamtsleiter Bernd Hillebrand, Ex Jugendnetzagenturleiter P***, Noch-Justiziarin LRA S***; RP Tübingen: Referat 23, S***, Dr. Kn***, H***):
Jegliches Verwaltungshandeln ist „dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Aktenführung verpflichtet, der wiederum auf dem Rechtsstaatsprinzip nach Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG) beruht“. Nur durch die ordnungsgemäße Aktenführung werde „ein rechtsstaatlicher Verwaltungsvollzug, eine Rechtskontrolle durch Gerichte sowie Aufsichtsbehörden und eine Überprüfung durch die Parlamente gewährleistet“, schreibt die Bundesregierung weiter. Alle Beschäftigten einer Behörde seien diesen Prinzipien verpflichtet und an die jeweils geltenden Regelungen gebunden.
Pflicht der Behörde zur Aktenmäßigkeit
Die ordnungsgemäße Aktenführung stellt der Antwort zufolge „die Pflicht der Behörde zur Aktenmäßigkeit und Regelgebundenheit dar“. Das Prinzip der Aktenmäßigkeit besage unter anderem, „dass alle entscheidungsrelevanten Unterlagen und Bearbeitungsschritte eines Geschäftsvorfalls in der Akte zu führen (Prinzip der Schriftlichkeit) sowie vollständig, wahrheitsgemäß und nachvollziehbar zu dokumentieren sind, und zwar unabhängig davon, ob eine Behörde als führendes Aktensystem noch papierbasiert oder elektronisch veraktet“.
Hierzu können laut Vorlage auch Anmerkungen auf den Unterlagen selbst oder auf dort beigefügten Zetteln gehören. Solche beigefügten Anmerkungen und Hinweise würden vollständig zur Akte genommen oder – bei elektronischer Aktenführung – mit eingescannt, wenn sie aktenrelevant sind.
Zu den aktenrelevanten Unterlagen zählen den Angaben zufolge alle entscheidungserheblichen Informationen, unabhängig davon, auf welchem Weg sie die Behörde erreichen. Gegebenenfalls seien relevante Informationen zu verschriftlichen – zum Beispiel Telefonate oder SMS – beziehungsweise auszudrucken – beispielsweise Eingänge per E-Mail -, wenn als führende Akte noch ein papierbasiertes System existiert. (Quelle: Deutscher Bundestag Drucksache 19/10084 vom 13.05.2019).
Selbst Untersuchungskommission: Verweigerung der Akteneinsicht
Von der Untersuchungskommission des Missbrauchsskandals um Prof. Dr. J***wurde trotz Verweigerung der Akteneinsicht ein totales Versagen und fachliche Inkompetenz aller Mitarbeuter*innen des Jugendamtes Tübingen, des Landratsamtes (Sozialdezernent Li***, Landrates Joachim Walter) und indirekt auch des Kreisjugendhilfeausschusses und des Kreistages als Kontrollinstanzen sowie das Fehlen oder Verschwinden von Standards jeglicher Art festgestellt (siehe Anlage).
Direkt beteiligte Personen am Missbrauchsskandal waren laut den öffentlichen Aussagen der Oberstaatsanwältin H*** im Verfahren am Landgericht Tübingen AZ 3KLs 47 Js 6708/17 jug. unter anderem B*** (JA), H*** (JA), P*** (JA), Bernd Hillebrand (JA), K*** (JFBZ), U*** (JFBZ), Z*** (Aufsicht Pflegeeltern) und die ehemalige Sozialdezernentin D***-T***.
Ich bitte Sie beide deshalb um Darlegung der Rechtsgrundlage bzgl. der angeblich notwendigen Einverständniserklärungen der Mitarbeuterinnen des Jugendamtes, der Jugend- und Familienberatungsstellen sowie des Landratsamtes, die durch die Verweigerung des Einverständnisses jegliche rechtlichen Schritte gegen sich selbst als „Täterinnen“ im Kontext von Amtshaftungsklagen, Schadenersatzklagen, Unterlassungsklagen wegen Falschbehauptungen zu Ungunsten Dritter, etc. verhindern könnten.
Ebenso bitte ich Sie, Herr Dr. Br*** um Stellungnahem zu den Behauptungen, die zu Ihren Ungunsten im Rahmen der Kreistagssitzung gemacht wurden und um Mitteilung, ob alle namentlich genannten Personen in den Akten de Jugendamtes Tübingen – auch wenn sie niemals Verfahrensbeteiligte waren – eine Einverständniserklärung bzgl. der Akteneinsicht der Untersuchungskommission oder der betroffenen jungen Erwachsenen bzw. ihrer Eltern/Sorgeberechtigten erteilen müssen.
Sie, Frau Bürgerbeauftragte B***, bitte ich um Stellungnahme zu der offensichtlich rechtswidrigen Aktenführung des Jugendamtes Tübingen und der Verweigerung der Akteneinsicht für Eltern von Kindern, die unter jahrelangem, emotionalen und institutionellen Missbrauch in Tübingen und Baden-Württemberg leiden.
Mit freundlichen Grüßen
15.11.22
Dr. C. O.